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Bist du bereit für die Liebe?

Liebe liegt in der Luft! Oder ist es vielleicht doch die Stauballergie? In jedem Fall stehen auch die Aschenwälder im Zeichen der Romantik. Und ihr könnt an diesem wunderschönen Tag ein Date mit einem von fünf Singles (und einem Nicht-Single) aus den Wäldern gewinnen. Was kann da schon schief gehen?

Dein Date erwartet dich...

Du starrst auf dein Handy, während Google Maps dir den Weg leitet. Du hast keine Ahnung, was dich genau erwartet.

Nachdem du aus Frust spaßeshalber über ein Dating-Portal einen mit Sicherheit höchst wissenschaftlichen Test gemacht hast, um deinen Traumpartner zu finden, hast gestern sehr überrascht eine Nachricht bekommen:

 

„Hallo wunderschöner Mensch,

Die Sterne gaben mir im Traum deine Nummer

und sagten mir,

in dir würde ich finden

mein Seelenheil, mein Licht, mein Glück.

 

Spaß, hab deine Nummer von diesem Datingportal.

Falls du morgen noch frei bist, triff mich hier:

[…]“

 

Du hast die Adresse in Goldwich gegoogelt, die angegeben war. Laut TripAdviser handelt es sich um ein kleines, veganes Café, ein Geheimtipp. Nach langem überlegen hast du schließlich zugesagt.

 

Etwas irritiert stoppst du, als dein Handy dir mitteilt, dass du dein Ziel erreicht hast. Du blickst auf und bemerkst, dass du vor einer Ladenfassade stehst, deren Fenster mit Pappkartons zugeklebt sind. Na super, da hat dein Blind Date ja großartig recherchiert…

Du schaust dich unsicher um und überlegst, ob du deinem Date schreiben sollst, doch noch ehe du einen Entschluss getroffen hast, hörst du eine Stimme hinter dir.

„Mein Licht, mein Stern, täuschen mich meine Augen, oder bist du es, die einzig wahre Liebe?“

Du fährst herum.

Der Mann, der an einer Straßenlaterne lehnt, trägt ein schwarzes Hemd, die Ärmel trotz des nasskalten Wetters nach oben gekrempelt, dazu saubere Jeans und schwarze Boots. Er hat einen gepflegten Bart und sein langes, dunkelblondes Haar fällt ihm lang über den Rücken, nur ein paar Strähnen verdecken frech einen Teil seines Gesichts. Er grinst dich an und du kannst nicht umhin festzustellen, dass er wirklich gut aussieht. Für einen Moment bist du unfähig, zu reagieren.

Der Mann lacht, dann kommt er zu dir herüber und streckt dir die Hand entgegen.

„Ich bin Sam, aber wenn dir das zu kompliziert zu merken ist, darfst du mich heute nennen wie du willst.“ Er zwinkert dir zu. Du schüttelst seine Hand und nennst ihm deinen Namen, fragst dich im selben Moment aber, ob er das ernst meint. Als Sam deine Hand loslässt, fühlst du dich irgendwie benommen. Du sammelst dich, dann deutest du auf die zugeklebte Fensterfassade. „Das Café scheint es nicht mehr zu geben, oder?“

Zu deiner Überraschung grinst Sam.

„Ne, das gibt es schon länger nicht mehr, aber das ist wohl noch nicht ins world wide web vorgedrungen und ich war mir sicher, du googelst die Adresse, die ich dir schicke, bevor du zusagst.“

Du fühlst dich ertappt und schaust auf deine Füße. Doch im nächsten Moment spürst du, wie Sam dich an der Schulter anstupst. „Hey, nichts für ungut, ich hätte das selbe getan.“

Du schaust zu Sam aus, halb belustigt, halb trotzig.

„Okay, nachdem du wusstest, dass hier nichts mehr ist, was hast du stattdessen vor? McDonalds? Oder willst du mich kidnappen? Ich sag’s dir gleich, meine Familie ist nicht reich genug, dass sich ein Erpresserschreiben lohnt!“

Sam lacht auf. „Eigentlich beides auch keine so schlechten Ideen, warum bin ich da nicht drauf gekommen? Aber nein, ich dachte mir, wir könnten ein bisschen durch die Stadt bummeln? Da ist ein kleiner Jahrmarkt mit Fahrgeschäften und Zuckerwatte und …“

„Du hattest mich bei Zuckerwatte“, unterbrichst du Sam.

Wenig später schlenderst du mit Sam über den kleinen Markt, der offenbar ganz im Zeichen des Valentinstags steht. Buden mit riesigen roten Herzen auf der Fassade verkaufen Herzchensüßigkeiten. Die Zuckerwattestände preisen rosa Partner-Zuckerwatte mit zwei Stäben darin an und aus den Lautsprechern an den Buden und Fahrgeschäften schallen grauenvolle Lovesongs durcheinander. Tatsächlich scheinen fast nur Pärchen hier zu sein, die Händchen halten, sich kichernd Zuckerwatte teilen oder knutschend im Weg stehen. Dir fällt auf, dass Sam des öfteren die Blicke einiger Frauen (und auch einiger Männer) auf sich zieht und plötzlich fühlst du dich geschmeichelt, dass ausgerechnet du seine Begleitung bist. Als hätte er deine Gedanken gehört, legt er just in dem Moment seinen Arm um deine Schultern. Unwillkürlich fängt dein Herz an, schneller zu schlagen und du kannst ein Lächeln nicht ganz unterdrücken.

„Okay, was möchtest du zuerst machen?“, fragt Sam. „Zuckerfrüchte für Zwei? Eine heiße Schokolade mit Schuss? Oder der legendäre Liebestunnel?“

„Liebestunnel? Du meinst, dieses Ding mit den hässlichen Schwan-Booten?“

Sam setzt eine Miene gespielten Entsetzens auf. „Entschuldige bitte? Du wolltest sicher sagen: ‚Dieses SUPER ROMANTISCHE Fahrgeschäft, von dem ich mein Leben lang geträumt habe? Und nun habe ich das Glück, es mit dir, Samuel, gemeinsam besuchen zu dürfen?‘“

Du musst lachen. „Ja, natürlich, genau das meinte ich. Tut mir Leid, anscheinend benutzt sogar mein Gehirn Autokorrektur… Okay, also, bitte Sam, lass uns den Liebestunnel unsicher machen, aber danach brauche ich dringend eine überdimensionale rosa Zuckerwatte!“

Sam grinst. „Deal“, sagt er und lässt seinen Arm, der eben noch um deine Schultern lag, geschickt heruntergleiten, so dass seine Hand in deine rutscht. Ohne weiter darüber nachzudenken verschränkst du deine Finger mit seinen und lässt dich von Sam mitziehen, bis ihr das Fahrgeschäft erreicht hat. Allein der Anblick der Fassade löst bei dir schon beinahe Augenkrebs aus, alles ist grell und pink und fürchterlich kitschig, aber in Sams Begleitung findest du das Ganze plötzlich irrsinnig witzig. Ehe du dich versiehst, sitzt ihr gemeinsam in einem Schwanenboot und schifft in den Tunnel, in dem rote und rosa Lampen blinken und grässliche Liebesschnulzen durch die Luft schallen. Unwillkürlich beginnst du, die bekannte Melodie mitzusummen und ehe du dich versiehst, stimmt Sam mit ein und trällert laut den Text mit.

Gemeinsam singt ihr jede bekannte Liedzeile mit und als ihr den Ausgang seht, kannst du dich nicht mehr daran erinnern, wann genau du dich an Sams Schulter gelehnt hast. Du weißt nur, dass du es tatsächlich schade findest, dass die Fahrt vorüber ist.

Noch eine ganze Weile schlendert ihr über den Markt, teilt euch eine Riesenzuckerwatte und trinkt eine heiße Schokolade mit einem gewaltigen Schuss Rum (der Stand preist das Getränk als ‚heiße, starke Liebe‘ an) und als es langsam dämmert, schlägt Sam vor, dich noch in ein Restaurant einzuladen. Obwohl du eigentlich gar nicht hungrig bist, stimmst du zu, denn aus irgendeinem Grund möchtest du gerne noch etwas mehr Zeit mit Sam verbringen. Als ihr das Ende des Marktes erreicht, hält er dich auf.

„Ich hab noch was für dich“, sagt er grinsend und reicht dir einen riesigen Heliumballon in Form eines unendlich hässlichen rosa Bären. Du blinzelst.

„Hast du den gerade geklaut?“, fragst du irritiert. Sam grinst.

„Gefunden“, korrigiert er und du beschließt, das einfach mal so stehen zu lassen.

Ihr verlasst das Jahrmarktgelände, doch seit ihr gerade erst ein paar Schritte weit gekommen, als eine Stimme durch die Nacht schallt.

„Stehen bleiben, Polizei!“

Du fährst erschrocken herum und siehst, wie zwei uniformierte Polizisten auf euch zueilen. Einer von ihnen hält wichtigtuerisch seine Marke in die Luft. Sam lässt deine Hand los, die er fast die ganze Zeit gehalten hat, und hebt die Hände.

„Hey, alles easy, ich habe doch heute gar nichts getan!“, ruft er den Polizisten entgegen.

„Heute?“, fragst du, doch du bekommst keine Antwort.

„Verdachtsunabhängige Personenkontrolle!“, faucht der Polizist, kaum, dass er euch erreicht hat.

„Verdachtsunabhängig, na klar“, murrt Sam. „Wenn du mich unbedingt befummeln willst, kann ich dir auch einfach meine Nummer geben.“ Er feixt, als er das schockierte Gesicht des Polizisten sieht.

„Das reicht, Rücken zu mir und Hände an den Kopf.“

Du beobachtest mit einer Mischung aus Nervosität und Belustigung, wie Sam sich mit dem Rücken zu dem Polizisten dreht, der ihn durchsuchen will. Als dieser beginnt, Sams Hemd abzutasten, gibt Sam Stöhnlaute von sich. Du drückst dir die Hand vor den Mund um nicht laut loszulachen, als du die angewiderte Miene des Polizisten siehst.

„Lassen Sie das, Scott!“, blafft er Sam an. Anscheinend sind sie alte Bekannte.

Sam jedoch lässt sich nicht beirren. „Kommen Sie, Officer, nur nicht so schüchtern! Sie wissen doch, ich werde gerne hart angefasst!“

„Hören Sie auf, oder ich schaffe Sie wegen Beleidigung und Belästigung eines Beamten aufs Revier, Scott, wie gefällt Ihnen das?“

„Oh, wenn Sie mir dazu Handschellen anlegen, ausgesprochen gut“, erwidert Sam und dir ist im selben Moment klar, dass er zu weit gegangen ist. Trotz der heireinbrechenden Dunkelheit leuchtet der Kopf des Polizisten puterrot. Du weißt nicht, woher dein Mut in diesem Moment kommt, oder ob es eher Trotz ist, doch du siehst den zweiten Polizisten an und sagst trocken: „Ich weiß ja nicht, wie bei euch die Regeln sind, aber für mich sieht das gerade eher danach aus, als würde Ihr Kollege mein Date beleidigen und belästigen… oder sehe ich das falsch?“

Dem ersten Polizisten platzt der Kragen.

„Es REICHT. Aufs Revier, alle beide!“ Grob legt er Sam Handschellen an, der es sich nicht nehmen lässt, das Ganze mit einem Stöhnen zu kommentieren. Dir werden keine Handschellen angelegt, aber der zweite Polizist nimmt dich am Arm und schiebt dich zu einem in der Nähe geparkten Streifenwagen. Du machst ihm das Leben extra schwer, indem du darauf bestehst, deinen Heliumbären mit ins Innere zu nehmen.

 

Nach einer schweigsamen Fahrt erreicht ihr das Revier, wo Sam ein Telefonat zugestanden wird. Kurz darauf werdet ihr in eine kleine Zelle gesperrt.

„Ist das normal?“, fragst du. „Dass die einen einfach so einsperren?“

Sam grinst. „Nein, das ist was Persönliches. Aber mach dir keine Sorgen, wir werden gleich abgeholt.“

Er zwinkert. Und obwohl du in einer Gefängniszelle sitzt (ohne etwas verbrochen zu haben), obwohl du Sam so gut wie gar nicht kennst und auch keine Ahnung hast, was jetzt passiert, fühlst du dich seltsam kribbelig. Die Zelle ist eng und Sam ist kaum zwei Meter von dir entfernt. Du bemerkst, dass er dich unentwegt mit seinen durchdringend hellblauen Augen mustert. Als du seinen Blick erwiderst, bemerkst du, dass er nicht mehr grinst.

„Tut mir Leid, dass der Tag so für dich endet“, erklärt er und es klingt aufrichtig.

„Tut dir Leid?“, fragst du überrascht. „Sam, das ist das Aufregendste, was mir je passiert ist! Ich wurde noch nie verhaftet!“

„Echt nicht?“ Jetzt wirkt Sam ehrlich überrascht. „Na dann, gern geschehen!“

Jetzt ist sein Grinsen zurück und aus irgendeinem Grund hast du das Gefühl, dass in deinem Inneren tausende von Schmetterlingen freigelassen wurden.

„Hey, wenn du noch nie verhaftet wurdest, dann hattest du ja auch noch nie das Vergnügen, in einer Zelle zu knutschen, oder?“

Von der Direktheit dieser Frage bist du überrumpelt. Wortlos starrst du Sam an, dessen grinsen mit einem Mal weicher wird – genau wie deine Knie. Sam scheint es zu merken, denn auf einmal ist er da und hält dich fest. Einen Moment lang schaust du ihm noch in die Augen, im nächsten Moment küsst er dich, so intensiv und leidenschaftlich, wie du lange nicht mehr geküsst wurdest. Vielleicht sogar noch nie. Und für einen Moment vergisst du, wo du bist.

 

Erst, als die Zellentür mit einem Rumpeln aufgezogen wird, springst du erschrocken zurück. Der Polizist, der dich zum Auto geleitet hat, steht dort und schaut überfordert zwischen dir und Sam hin und her.

„Es ist jemand da, um Sie abzuholen“, erklärt er.

Du folgst dem Polizisten und Sam nach draußen, wo euch eine Frau mit blauen Haaren erwartet. Mit verschränkten Armen schaut sie dich mitleidig an, dann wendet sie sich an Sam.

„Du bist ein Idiot, das weißt du, oder? Das war das letzte Mal, dass ich dich hier raushole.“

Du schweigst, während du Sam und der Frau aus dem Revier folgst. Die beiden diskutieren, bis sie die Straße erreichen.

„… und ich hoffe, du erwartest nicht, dass ich dich jetzt auch noch irgendwo hin fahre!“, blafft die Frau Sam an, der tatsächlich immer noch grinst.

„Nicht doch, mein Auto steht nur ein paar Straßen weiter. Vorausgedacht und so!“

Die Frau verdreht die Augen, dann steigt sie in einen riesigen PickUp, den sie direkt vor der Polizeistation in zweiter Reihe geparkt hat. Sie lässt den Motor aufheulen und düst davon.

Sam schaut ihr nach, bis das Auto um eine Kurve verschwunden ist, dann sieht er dich an. Sein Lächeln ist wieder ganz weich.

„Also… wie gesagt, mein Auto steht gleich um die Ecke, soll ich dich irgendwohin mitnehmen? Bushaltestelle, ich kann dich auch nach Hause fahren, oder möchtest du noch auf einen Kaffee mitkommen?“

Er grinst. Du legst den Kopf schief.

„Ja, es wäre toll wenn du mich mitnimmst!“, antwortest du. Wohin? Nun, das wirst du dann entscheiden, wenn es soweit ist.

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