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Dein Valentins-Date ist

Evelyn Green

Evelyn Green erwartet dich hinter der Tür und wenn jemals irgendjemand versucht hat, optisch eine Anti-Haltung gegen diesen Tag in Perfektion zu verkörpern, so ist diesem Mädchen das gelungen.

„Hi“, sagt sie. Ihr Haar hat sie sich in einem Gammel-Dutt zusammengebunden, auf ihrem T-Shirt prangt der Slogan Don't-touch-Fuck-off und das Muster auf ihrer Leggings entpuppt sich beim genaueren Hinsehen als eine Reihe von Totenköpfen. In der Hand hält sie ein Weinglas. Es ist leer.

 

„Hi“, erwiderst du vorsichtig. „Anti-Party, ich bin hier richtig, oder?“

„Was denkst du?“ Unwirsch winkt sie dich nach innen. „Komm, schmeiß dich hin, leg die Füße hoch und dann fang an zu lästern.“

„Ist.. das nicht Wyns Haus?“, erkundigst du dich.

„Ja, aber die sind alle für Dates verpflichtet worden.“

„Echt?“ Du stockst. „Alle?“ Der Gedanke mit Wyn auszugehen, ist furchtbar gruselig. Evelyn kratzt sich am Kopf.

„Naah, jetzt, wo du es sagst, Ben nicht. Den hab ich vorhin rausgeschmissen.“

„Aus seinem eigenen Haus?“ Entgeistert starrst du sie an. „Wieso?“

„Na, der Wein war alle.“

 

Im Hobbyraum der Darrenforth-McLainnes macht ihr beide es euch bequem und ehe du es dich versiehst, hast du ein Glas in der Hand.

„Trink“, fordert Evelyn dich auf und wedelt mit der Flasche. „Eine Schande, dass du an diesem speziellen Tag noch nüchtern bist.“

„Eine Schande“, murmelst du und leerst dein Glas. Evelyn schenkt nach.

„Lass doch gleich die Flasche da“, bemerkst du sarkastisch. Der Sarkasmus entgeht ihr.

„Ich mag dich“, sagt sie und reicht sie dir herüber.

 

Kurz darauf startet Evelyn einen Horror-Film.

„Es gibt nichts Passenderes als einen guten modernen Horror-Streifen“, erklärt sie dir. „Schau, da ist eine Gruppe Klischee-Teenager, die in eine dunkle, dunkle Hütte geht. Da, der Sportler, die blonde Bitch… ich denk da immer an Janessa… das Pärchen und der Nerd. Und du lehnst dich zurück und genießt, wie sie alle der Reihe nach von einem austauschbaren Bösewicht aufgegriffen werden.“

„Du meinst abgeschlachtet“, sagst du. Evelyn lächelt selig.

„Wie auch immer.“

„Ich mach mir Sorgen um dich“, murmelst du.

„Sieh es doch mal so.“ Sie legt die Füße hoch. „In fast jedem Scheiß Film ist irgendwo Romantik drin. Du kannst nicht mal eine beknackte Doku gucken, ohne dass sich zwei Flussratten vor der Kamera paaren. Ekelhaft. Du wirst das nicht mehr los. Jede Serie, jeder Film, alles RO-MAN-TIK.“

„Okay...“, stimmst du ihr zu. „Aber...“

„Selbst die Klassiker hat es erwischt“, begehrt Evelyn auf. Das Thema macht sie wirklich wütend. „Weißt du, wie ein Werwolf-Film auszusehen hat? Ein Werwolf kommt und frisst alle auf. Ein haariger, böser, ekliger Wolf. Und heute? Halbnackte Jungs mit Fangzähnchen! Kack Models! Und Vampire! Lass mich gar nicht erst mit Vampiren anfangen! Zombies, Meerjungfrauen, Geister, alles romantisiert! Und frag mal ne Elf-Jährige, was eine Harpyie ist.“

Du beschließt den Begriff später zu googlen, um sie nicht noch mehr aufzuregen.

„Teenager-Horror-Filme sind das einzige, worauf du dich heutzutage noch verlassen kannst“, schließt Evelyn ihren Rage-Monolog. „Meistens wenigstens. Deswegen ist das echt die einzige Film-Option am Valentinstag.“

 

Du erlaubst dir todesmutig einen Scherz. „Nicht das Fifty-Shades-of-Grey-Kino-Special?“

Kurz bekommt sie einen Killerblick. Dann fängt sie an zu lachen. „Ne, Gott bewahre“, sagt sie und rutscht weiter in die Kissen. „PJ hat sein Date da hin mitgenommen. Er denkt, es wäre ein romantischer Film, ich hatte nicht das Herz, ihm die Wahrheit zu sagen.“

„Riley geht da rein?“ Du ächzt.

„Pff, nicht Riley. Wenigstens nicht heute. Heute zählt das nicht. Lilly hat uns alle anderweitig verpflichtet. Riley hat ein eigenes Date und PH wird auch jemanden über die Kugel abgegriffen haben.“

„Mann, da hab ich echt Glück“, murmelst du. „Leg den Grusel-Film ein Mädel und lass den Spaß beginnen.“

Evelyn drückt auf einer Fernbedienung herum und die Kugel lädt ihre 3-D-Filmwand.

„Wo bleibt Ben mit dem Alkohol?“, murmelt Evelyn noch. „Ich will mit dir anstoßen, jedes Mal, wenn...“ Die Titelmusik unterbricht sie. Und seufzend schenkst du dir nach. Anti-Valentinstag, hellau.

 

*

 

Ben kommt nach der Hälfte des Films dazu. Die Gruppe auf der Leinwand schleicht gerade durch das Gruselhaus. Dann wird die Tür hinter euch aufgerissen und schreiend fahren Evelyn und du in die Höhe.

„Hey….“, macht Ben. Entschuldigend hält er die Flaschen hoch. „Ich habe… Nachschub? Mann, ihr treibt es ja wild hier.“

„Es ist der Tag!“ Evelyn hebt sich aus den Kissen. „DER Tag, Ben.“

„Schon gut, schon gut, mach Platz… wie ist der Plot?“

„Gruseliges Haus, Killer und eine Horde Teenager“, fasst du zusammen. „Dumme Teenager.“

„Sie sind praktisch selbst Schuld“, pflichtet Evelyn dir bei. „Uh, siehst du? Siehst du? Ein gruseliges Geräusch aus einem gruseligen Wandschrank und die gehen darauf zu.“

„Nicht sehr klug“, stimmt Ben ihr nachdenklich zu. „Wieso läuft sie nicht weg? Weit, weit weg?“

„Der Film wäre sonst öde“, merkst du an.

„Punkt an dich.“

 

*

 

„Das war auf jeden Fall ein Anti-Date“, sagst du, als der Abspann läuft.

„War?“ Evelyn blickt dich an. „Kind, wir haben erst den ersten Teil einer Reihe gesehen und es ist noch Wein da.“

„Lass mich nicht alleine“, fleht auch Ben. „Nicht heute. Nicht mit ihr.“

Seufzend lässt du dich zurückfallen. „Auf zu Teil zwei. Die Rückkehr.“

„Das haben wir spätestens morgen live, wenn Evelyn so weiter trinkt.“

Der Kommentar bleibt aus, da die Titelmelodie läuft. Das wird wohl eine lange Nacht werden. Aber, so denkst du dir mit einem zufriedenen Blick zur Seite, es hätte dich auch wahrlich schlimmer treffen können.

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