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The Magic of
Aldcrest
Dein Valentins-Date ist
oder kurz
Seraphina Valerie Winter Darrenforth-McLainne
Wyn
„Hier, nimm und keinen Mucks“, knurrt Wyn und drückt dir ein Gewehr in die Hand. Überfordert hältst du die Waffe in den Händen.
„Ist das… geladen?“, stotterst du.
„Natürlich ist das geladen, wozu schleppe ich das Ding sonst mit? Als Spazierstock?“ Kopfschüttelnd über so viel Naivität, zerrt Wyn dich mit sich. „Klappe jetzt und folge mir. Wir sind hier auf Mission.“
Mission trifft es wohl ganz gut. Deine Valentins-Einladung hat nicht um Abendgarderobe, sondern um Tarnkleider gebeten, allein das hätte dich schon misstrauisch machen sollen. Wyn hat dich in einer dunklen Gasse von Aldcrest erwartet, Sonnenbrille, Militärhose, schwarze Mütze und eine Sniper in der Hand. Ihr Gesichtsausdruck verheißt nichts Gutes, sondern bitteren Ernst. Sie lässt dich los, hält an, sieht sich um und winkt schließlich knapp mit der Hand. Du folgst ihr nur, weil du dich vor den Folgen fürchtest, solltest du ihrem Wunsch nicht nachkommen. Gut, mit dem Valentinstag hast du jetzt kein romantisches Dinner verbunden. Aber eben auch nicht deinen frühzeitigen Tod durch die Hände einer wahnsinnigen Schuldirektorin.
Die Gasse macht einen Knick. Ein Maschendrahtzaun bremst den Weg aus. Vollgestopfte Müllcontainer, alte Bretterkisten, schmutzige Hauswände. Irgendwo gluckert ein Abfluss. In dieser Ecke des Dorfes bist du noch nie gewesen und als quieckend eine Ratte vorbeihuscht, so groß wie ein Beagle, bist du dir auch sicher, dass du nie wieder herkommen wirst. Gelbes Morgenlicht hebt sich über den Backsteinmauern. Wyn deutet auf eine Eisenleiter.
„Rauf da“, sagt sie. Du legst den Kopf in den Nacken.
„Ganz rauf?“
Sie starrt dich an, als wärst du schwer von Begriff. Die Leiter führt die gesamte Wand nach oben und ist so eng an die Steine montiert, dass sie kaum Platz zum Klettern lässt. So weit du es von hier unten einschätzen kannst, endet die letzte Metallsprosse knapp zehn Meter über deinem Kopf auf dem Dach dieses heruntergekommenen Baus rechts von dir.
„Gibt es eine… Sicherung?“, erkundigst du dich und verbesserst dich schnell. „Ein Scherz… nur ein Scherz.“
„Stell dich nicht so an, du Mimose. Rauf da.“
„Nach… dir...“
„Nein, VOR mir. Nicht, dass du kneifst, Grünschnabel… heute noch, wenn es geht. Wir verpassen die beste Zeit.“
„Die beste Zeit für was?“
„Klettern!“
Du ziehst den Kopf ein und folgst, als ein kleiner lila Blitz um ihren Finger zuckt. Gedanklich verfasst du dein Testament, während deine Hand nach der kalten Metallsprosse greift.
„Schneller!“
Provozier sie nicht, denkst du dir. Sie hat eine Sniper.
Stolpernd erreichst du schließlich das flache Dach des Gebäudes. Es ist ruhig hier, windig und still. Nur ein großer, kalter Schornstein ist hier und am Rande des Daches etwas, das wie eine Kühlbox aussieht. Elegant springt die Rektorin hinter dir aufs Dach und marschiert direkt auf besagte Kühlbox zu.
„Na, komm schon“, fordert sie dich auf. „Du verpasst ja den ganzen Spaß.“
Wenige Minuten später liegt ihr Seite an Seite flach auf dem Bauch, presst euch gegen den Stein des Bodens und blickt vom Dach aus nach unten. Der Ort ist gut gewählt. Von hier aus hat man einen weiten Blick auf die Hauptstraße des Dorfes, das Schloss, den Weg vor dem Portal und die Wiesen davor. Du kannst sogar den Pfad zum Meer erkennen. Wyn hat die Waffe aufgestellt und lugt durch einen Feldstecher über die Umgebung.
„Hah“, triumphiert sie leise und packt sich die Waffe. „Da, elf Uhr, ich habe einen.“
„Elf Uhr? Wir haben doch erst...“ Wyn deutet auf den Weg vor dem Schloss und reicht dir den Feldstecher. Du blinzelst, musst ein paar Mal scharf stellen, bis du endlich etwas erkennt. Es ist ein Schüler. Zwei, um genau zu sein. Liam und Charity kommen nebeneinander aus dem Portal, beide grinsen sie, Charity hat eine Rose in der Hand und rote Wangen.
„Widerlich“, murmelt Wyn. Du hörst, wie sie entsichert. Und du stockst.
„Willst du sie… erschießen?“
„Es ist Valentinstag. Relax, das sind nur Hartgummi-Kugeln. Selbst hergestellt aus altem Kaugummi.“
Sie grinst. „Versuch die Haare zu treffen, die verkleben schön.“ Es gibt ein leises Plop, als Wyn feuert. Und als du den Feldstecher neu ausrichtest, siehst du, wie Liam sich verwirrt den Hintern reibt, als habe ihn dort etwas gestochen.
„Treffer“, stellt Wyn zufrieden fest und lädt nach. „Hier, nimm die gelbe Munition, die ist ganz besonders klebrig.“
„Wow“, murmelst du beeindruckt. „Sie müssen den Valentinstag echt hassen.“
Ein wölfisches Grinsen erscheint. „Sehe ich so aus, als hätte ich keinen Spaß? Probier es aus.“
*
Es ist gerade Mittag geworden.
„Sechzehn zu achtzehn“, sagst du. „Ich hole auf.“
Wyn hat ein Bier geköpft. Die ganze Kühlbox ist voll davon.
„Der letzte Treffer zählt nur als halber.“
„Was? Ich hab PJ fair und sicher getroffen.“ Du protestierst.
„Ja, aber er hat es nicht gemerkt. Keine Irritation, kein Punkt. So sind die Regeln.“
„Meh.“ Du visierst das Gelände an. „Uh, da kommen Janessa und Derra.“ Mit einem leisen Klirren wird die Bierflasche abgestellt und Wyn greift nach ihrer Waffe.
„Meine“, erklärt sie. „Letztes Jahr hab ich zehn Kaugummis im Haar von der Schulkönigin untergebracht, Mal sehen, ob ich das dieses Jahr toppen kann.“
Du hebst eine Augenbraue. „Sie machen das jedes Jahr?“
„Natürlich.“ Wyn checkt den Wind und zielt. „Wie soll ich den sonst den Tag gebührend feiern?" Es gibt ein Plop-Geräusch.
„Treffer“, sagt Wyn zufrieden.
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