
In den nächsten Stunden gewinnst du ein paar Erkenntnisse über Sir Cadie. Die wichtigste: Sie ist ganz offensichtlich wahnsinnig.
Cadie schwingt sich auf den Karren, lässt die Peitsche knallen und brüllt. Die Pferde wiehern. Steigen. Panisch krallst du dich an die Holzlatten, als du begreifst, was hier vor sich geht. Diese Frau ist irre. Mit einem Ruck setzen sich die Pferde in Bewegung. Trab und Schritt kennen sie nicht. Für die beiden gibt es nur Galopp und Cadies knallende Peitsche.
„Heyya! Lauft, ihr Pferde, lauft!“
Die Pferde preschen los, als seien sie wahnsinnig. Wie Höllentiere, die man entfesselt hat, jagen sie los, stürmen durch das Tor, sodass die Bürger des Königreichs zur Seite springen müssen, um nicht unter ihren donnernden Hufen zu enden. Eine Frau wirft sich in den Straßengraben. Ein junger Mann schafft es gerade noch zur Seite. Zumindest hoffst du es. Cadie bleibt nicht stehen und sie wirft keinen Blick zurück. Ein Glanz ist in ihre Augen getreten, der dir Sorgen macht. Ihr Haar flattert im Wind, während sie erneut mit der Peitsche knallt.
„Schneller, schneller!“
Ihr jagt den Weg aus dem Schloss entlang auf den fernen Märchenwald zu. Bäume und Büsche ziehen an dir vorbei, als ihr vorüber saust. Der Karren schwankt bedenklich in einer Kurve, die Räder jagen über Stock und Stein und katapultieren dich mehrfach in die Luft. Nur dein verzweifelter Griff in die Holzlatten bewahrt dich vor einem frühzeitigen Ende. Schneller als gedacht wird das Sonnenlicht schattig, als ihr unter die Zweige des verzauberten Waldes rast, der seine Finger über die Ebene streckt. Cadie drosselt das Tempo nicht eine Sekunde. Keine Wurzel und kein Stein kann ihre wilde Fahrt aufhalten. Und dir bleibt nichts übrig, als dich an den Karren zu klammern und auf das Beste zu hoffen. Was auch immer das sein mag.
Die Fahrt durch den Wald ist ein Tagesritt. Cadie gelingt das Kunststück in vier Stunden. Die Pferde müssen verhext sein, denn normale Tiere wären längst zusammengebrochen. Die beiden wilden Bestien hier sind jedoch nicht zu stoppen. Genau wie Sir Cadie scheinen sie die Hetzjagd zu genießen.
Nur einmal haltet ihr unterwegs an, als Sir Cadie dich auf etwas aufmerksam macht, was sich Ride-in nennt. Ein Bauer, der einen Schnellimbiss betreibt, hat eine eingezäunte Runde aufgebaut, in der man an einem kleinen Tavernenfenster vom Pferd aus bestellen kann. Cadie bestellt ein üppiges Mittagessen für eine kleine Familie. Danach darfst auch du bestellen (und bezahlen).
Ihr haltet am frühen Nachmittag bei eurer ersten Etappe an. Ein großes Stück des Waldes habt ihr hinter euch gelassen. Hier liegt die Grenze zwischen Zivilisation und Wildnis. Der Märchenwald von König Ace endet hier, der wilde Wald der Abenteuer beginnt. Hier wird es keine Feen und Ride-ins und freundliche Farmbewohner geben. Hier ist der Wald nicht satt und schützend. Ab hier herrscht nur das Gesetz der Wildnis. Du hast von Einhörnern gehört, die hinter giftigem Efeu lauern, Blut an ihrem scharfen Horn. Von Räuberbanden, die wie aus dem Nichts auf einsame Wanderer herabstürzen. Von Werwölfen, die den Mond anheulen. Ab jetzt ist Bedacht gefragt. Sir Cadie jedoch zeigt keine Furcht.
„Wir sollten hier am Waldrand unser Nachtlager aufschlagen“, schlägst du vor. „Reiten wir erst einmal durch, so müssen wir im wilden Wald übernachten und sind ein leichtes Opfer. Ganz werden wir es heute nicht mehr durchschaffen.“
Sie Cadie überlegt.
„Wir schaffen es nicht!“, verweist du sie scharf. „Besser, wir übernachten hier.“
„Ach“, sagt Sir Cadie und winkt ab. „Ich kenne eine Lichtung im Wald, da können wir schlafen. Ich hab keine Angst vor Wölfen. Die sind total flauschig.“ Sie lächelt selig. „Ich würd gern mal einen streicheln.“
Sie lässt die Peitsche knallen und die Pferde schnauben.
„Ich halte es für eine wahrhaft schlechte Entscheidung“, rätst du.
​
Willst du…
...auf die Rast am Waldrand bestehen?
​
​
...auf Sir Cadie hören und bis zur Lichtung reisen?
​
​
​
​
​