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Deine Augen finden Pharrell. Und du weißt längst, dass du eine Entscheidung getroffen hast. Die Ritter im Keller mögen verloren sein. Vielleicht waren sie es schon von Anfang an. Die Prinzessin ist e ebenfalls. Doch Pharrell kann diese Mission nicht einfordern. Sie darf ihn nicht einfordern. Du straffst dich.

„Ich gebe dir den Kuss“, gibst du mit fester Stimme zur Antwort. „Lass Sir Pharrell gehen. Entlasse ihn unbehelligt aus dem Schloss. Und der Kuss und meine Freiheit sollen dein sein.“

„Was tust du?“, ruft Pharrell. Entsetzt blickt er dich an.

Klappernd fällt dein Schwert zu Boden. Der Drache knurrt drohend. Doch Prinzessin Charity hebt beeindruckt eine Augenbraue.

„Für diesen Ritter gibst du alles auf? Ist er deine Freiheit wert?“

„Er ist es“, sagst du. Du reichst Prinzessin Charity die Hand. „Ich opfere mich für Sir Pharrell. Nimm mich für ihn.“

 

Stille steht zwischen den alten Mauern wie der Nebel am Morgen über den königlichen Sümpfen. Da ist nur Sir Pharrell, der sich entsetzt anstarrt. Der Drache, der drohend durch geschlitzte Augen blinzelt. Und Charity, die böse lächelt. Sie versetzt Sir Pharrell einen Schubs Richtung Drache und reicht dir die Hand.

„Komm her, Held von Aldcrest“, spottet sie. „Und zeige, dass nicht nur leere Worte hinter deinen Absichten stehen.“

Du nimmst ihre Hand. Du musst dich nicht fürchten. Es ist keine Lüge. Du bist bereit, dich für Sir Pharrell zu opfern. Charity erkennt und ihr Lächeln wird breiter.

„So komm“, fordert sie. Charitys Lippen nähern sich deinen. Dein Herz klopft wie wild. Doch deine Entscheidung steht fest. Du kannst ihren süßen Atem bereits auf deinen Wangen spüren. Ihre Finger schlingen sich wie Ranken in deine. Und dann treffen Lippen auf Lippen.

 

Du spürst die Macht darin, die Magie und die unendliche Kraft. Du schließt die Augen und akzeptierst dein Schicksal. Du wartest darauf, dass deine Willenskraft verschwindet. Wie fühlt es sich an, wenn man den Befehlen einer Fremden folgen muss? Wenn sie einem die Kraft stiehlt? Du fühlst dich nicht anders als zuvor. Ist es schon vorbei?

„Was?“, flüstert Charity. „Aber… das kann nicht sein? Wieso…?“

Sie starrt dich an, ihre Nasenspitze nur Millimeter von deiner entfernt.

„Du hast dich mir hingegeben“, flüstert sie. „Warum funktioniert es nicht? Wieso wirkt mein Kuss nicht? Es ist der Kuss der wahren Liebe!“

Es dauert einen Moment, bis du verstehst. „Aber… mein Herz… es gehört nicht dir.“ Ihr starrt euch an.

Was hat Sir John gesagt? Sein Herz gehörte bereits einer anderen. Und auch Sir Heath trug nicht ihren Namen in den Gedanken, als Prinzessin Charity nach seinem Arm griff. Du beginnst, zu begreifen. Dein Herz gehört einem anderen. Du hast es Sir Pharrell gegeben. Vielleicht nicht in jener Form der Liebe, nach der es Prinzessin Charity verlangt. Doch deine Zuneigung und dein Respekt gehen so weit, dass du dich selbst für ihn aufgegeben hast. Prinzessin Charity hat keine Macht über dich.

Sie begreift es im gleichen Moment wie du.

„Alec!“, schreit sie nach ihrem Drachen. „Alec, töte sie! Töte sie beide!“

Es klirrt, als Sir Pharrell das Schwert aufhebt. Wie eine silberne Sternschnuppe fliegt es durch die Luft, als du es fängst. Mit einem Ruck packst du Charity und richtest das Schwert gegen sie.

Der Drache faucht. Sein Maul öffnet sich drohend. Doch du hältst das Schwert drohend der Prinzessin an den Hals.

„Zurück!“, brüllst du das Tier an. „Zurück!“

„Töte!“, schreit Charity. Sabber tropft ihr das Kinn hinunter. „Töte, Alec!“

Der Drache verharrt. Er sieht seine Herrin gefangen. Und Sir Pharrell an deiner Seite. Vielleicht ist das deine Chance. Du fuchtelst mit das Schwert vor der Prinzessin herum. Und der Drache weicht einen Schritt zurück.

„Ab mit dir!“, brüllst du den Drachen an. „Na, los, kusch dich! Oder ich töte die Prinzessin!“

„Du lüüüügst“, brüllt Charity. „Du lüüüügst, töte diese Schabe, Alec!“

Natürlich lügst du. Aber hier geht es darum, dem Drachen, der ganz offensichtlich unter Stockholm-Syndrom leidet, von etwas anderem zu überzeugen. Jetzt erst siehst du, dass er eine eiserne Kette um ein Fußgelenk trägt. Noch ein Gefangener der Prinzessin.

„Willst du es drauf ankommen lassen?“, schnauzt du ihn an. „Ab auf deinen Platz! Na, los! Kusch!“

Der Drache zögert. Er sieht die schreiende Prinzessin. Er sieht das blanke Metall. Und endlich, endlich neigt er das Haupt. Du machst dir einen Knoten, diesem Drachen einen guten Therapieplatz zu suchen, sobald das Abenteuer überstanden ist. Mit einem drohenden Blick auf das Tier fesselst du gemeinsam mit Sir Pharrell Prinzessin Charity mit der Vorhangkordel und knebelst sie, damit sie aufhört, herumzuschreien. Als du Anstalten machst, mit Prinzessin Charity den Raum zu verlassen, wird er unruhig und reißt an der Kette.

„Wir sollten ihn töten“, schlägt Sir Pharrell vor. Der Drache zuckt geschockt zusammen.

„Sei nicht so herzlos“, mahnst du ihn. „Wir lassen ihn hier zurück.“

„So soll er verhungern“, entscheidet Pharrell zufrieden und jetzt fiepst der Drache geschockt.

„Unsinn“, beschwichtigst du. „Wir kommen zurück und kümmern uns um ihn.“ Du wendest dich an Alec, den Drachen. „Ich kann dich nicht mitnehmen“, erklärst du der Echse. „Das ist zu gefährlich. Aber ich verspreche dir, ich schicke jemanden, der sich um dich kümmert.“

Der Drache zerrt an der Kette. Jetzt winselt er.

„Es geht nicht“, wiederholst du. „Ich kann dir leider nicht vertrauen. Tut mir Leid, Drache. Aber du musst hier bleiben.“

Der Drache schnieft. Doch als du den Raum verlässt, hörst du, wie er leise anfängt zu heulen. Du bist schon drei Stufen hinuntergegangen und hältst inne. „Oh, for fuck‘s sake…“

Grimmig drückst du Pharrell die verschnürte Prinzessin in den Arm und drehst um: Der Drache blickt auf, als du den Raum, betrittst und sieht dich mit großen Augen an.

„Fein“, sagst du zu ihm. „ich mach dich los und lass dich frei… WENN du… hör auf zu hüpfen, ich bin noch nicht fertig… WENN du mir versprichst, dass du dich benimmst, niemanden frisst und auf nichts hörst, was diese Prinzessin zu dir sagt, okay? Verstanden?“

Der Drache nickt heftig.

„Hab ich dein Wort?“

Wieder ein heftiges Nicken. Mit strengen Blick löst du die Kette an der Wand. Mann, dieser Drache ist wirklich leicht beeinflussbar. Als du ihn losmachst, springt dich fast um, pustet dir eine Fuhr Rauch ins Gesicht und du tätschelst ihm den Kopf.

„Jaja, ich liebe dich auch.. und jetzt ab mit dir.“

Freudig hüpft die riesige Echse etwas plump zum Fenster, klettert auf den Sims und breitet die Flügel aus. Du siehst ihr nach, wie sie sich in den Nachthimmel erhebt zwei Loopings fliegt und davonschwirrt. Wow, das ist ein glücklicher Drache da draußen. Prinzessin Charity nimmst auf der Treppe du den Schlüssel vom Hals und wischst den Sabber ab. Dann marschiert ihr gemeinsam den Turm herunter und in die Kerker.

 

Als ihr den Erdboden erreicht, hält Sir Pharrell dich kurz auf und legt dir eine Hand auf die Schulter.

„Du warst bereit, dein Leben zu geben, um mich zu retten. Ich stehe tief in deiner Schuld und werde dir diese Tat nie vergessen. Held von Aldcrest. Wahrlich. Es gibt niemanden, der diesen Titel ehrenvoller trägt als du.“ Kurz lehnt er seine Stirn an deine. „Ich danke dir, Held von Aldcrest. Du rettest einen Ritter.“

„Ich tat es nicht für einen Ritter“, sagst du. „Ich tat es für euch, Sir Pharrell.“

 

 

In den Kerkern warten die Gefangenen auf euch und ihr schickt euch an, die Käfige zu öffnen und sie zu befreien. Meine Güte, die Ritter sind wirklich nicht im besten Zustand. Ihr sammelt sie alle ein, findet ein paar Lumpen, die jetzt als Kleider herhalten müssen und dann macht ihr euch mit dem Gespann auf den Weg.

Es ist ein weiter Weg durchs Land des Feuers und die Ritter allesamt am Ende ihrer Kräfte. Ihr lauft die halbe Nacht und macht dann ein Feuer mit dem wenigen Holz, dass ihr sammeln konntet. Am nächsten Morgen scheuchst du alle auf und ihr marschiert bis an den Waldrand, wo du einen kleinen Fluss findest. Du zwingst alle, sich zu waschen, auch Sir Angel, der erst nicht will und schickst dann Sir Pharrell vorweg, um Hilfe zu holen. Am Ende des Tages erreicht ihr das Innere des Waldes, campt an einem Fluss und da stößt auch schon Sir Pharrell zu euch, der ein Dorf aufgetrieben hat und von dort Kleider und Nahrung bringt. Du fütterst deine Truppe (auch die Prinzessin), kleidest die Ritter ein und schneidest ihnen die verfilzten Haare ab (nur Sir Angel will wieder nicht, aber der kann dich jetzt mal. Soll er halt rumlaufen wie ein Penner). Du betrachtest die Truppe der zerschlagenen Ritter und haderst mit dir. Sollst du sie wirklich zurücksenden an den Hof von König Ace? Sie sehen allesamt so aus, als könnten sie eine Weile Urlaub vertragen. Vielleicht solltest du dich um sie kümmern, bevor die Prinzessin nach Hause bringst. Sie haben wirklich genug durchgemacht. Es wird Zeit, dass sich jemand ihrer annimmt. Du tauschst einen langen Blick mit Sir Pharrell. Und dann macht ihr euch an die Arbeit:

 

Mit Sir Heath hast du es am Einfachsten. Mit ihm und den anderen dreien wanderst du zur Brücke des Trolls. Der Brückenwächter ist schnell bequatscht, du verkaufst ihm Sir Heath als persönliches Projekt zur Wiedereingliederung in die Gesellschaft und formulierst es so, als würde es niemandem im Königreich gelingen. Dann erwähnst du, dass Sir Heath Meerschweinchen mag. Du lässt den Ritter also bei dem Brückenwächter zurück, wo er heillos glücklich scheint und ziehst mit Pharrell und den Anderen deiner Wege.

Auch Sir Angel lässt sich gut unterbringen. Du findest einen einsamen Turm im Wald, der normalerweise für Prinzessinnen in Nöten reserviert ist, aber mit den Haaren und dadurch, dass er ledig ist, erfüllt er genügend Kriterien und darf von nun allein im Wald leben, wo ihn niemand belästigt, niemand nervt und er seine Haare so lang wachsen lassen kann, wie er möchte.

Sir John sendest du voraus, um dem König die Sache zu erklären und gibst ihm zehn Euro und den Auftrag, seiner Angebeteten einen Blumenstrauß zu kaufen. Derweil findest du gemeinsam mit Sir Pharrell einen guten Therapieplatz in einer Märchenklinik für Sir Liam und Prinzessin Charity. So sind letztendlich alle gut untergekommen.

 

Gemeinsam mit Sir Pharrell trittst du nun den Rückweg durch den Wald der Räuber an. Dort, wo die Tannen flüstern und Irrlichter im Moos leuchten. Am Abend rastet ihr auf einer Lichtung.

„Welch eine Queste“, sagt Sir Pharrell. „Niemand traf ich einen größeren Helden. Ich will diese Abenteuer mit dir nicht mehr missen. Kommen wir zu König Ace an den Hof, so will ich meine Wege in dieser Welt an deiner Seite bestreiten. Du und ich, wir sollen fortan gemeinsam in die Welt hinaus reiten. Und ich werde dich stets schützen und dir immer ein treuer Begleiter sein.“

Du lächelst. „Das ist ein freundliches Angebot, Sir Pharrell. Ich fühle mich geehrt...“

Du und er, eine Welt voller Abenteuer. Willst du das Angebot annehmen?

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Ja, ich will mit Sir Pharrell von und an die Welt durchreiten, Drachen bekämpfen, Prinzessin befreien, das Frauenwahlrecht durchsetzen und Monster bezwingen.

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Nein, so ehrenvoll das Angebot auch sein mag. Dein Platz ist nicht an Sir Pharrells Seite. Und seiner nicht an deiner.

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