
Irgendwie hast du ein komisches Gefühl bei der Sache. Du kannst doch nicht einfach so Prinzessinnen in Türmen küssen, die du gerade mal eine Minute kennst. Außerdem… was soll das mit dem Fluch? Das ist das erste Mal, dass du von einem Fluch hörst.
Du trittst einen Schritt zurück und neigst das Haupt.
„Es tut mir Leid, Prinzessin, doch den Kuss kann ich euch nicht geben. Ich biete euch meine Hand, euch auf der Heimreise zu beschützen, ebenso wie mein Schwert. Doch diese Lippen können eure nicht berühren, Ehrenvolle.“
Die Prinzessin blinzelt. Ihr Augenlid zuckt.
„Du… du verweigerst mir den Kuss?“, wiederholt sie. „Du weigerst dich, den Fluch zu brechen?“
„Was für ein Fluch, Prinzessin?“, sprichst du. „Es gibt keinen Fluch. Ein Drache hat euch entführt. Euer Vater sorgt sich. Ritter zogen aus, euch zu retten. Sie alle scheiterten. Und hier bin jhun...“
„Sie scheiterten nicht“, faucht Prinzessin Charity. „Sie waren einfach nicht würdig!“
Du stockst. Ihr Ton hat sich verändert. Mit einem Mal wirkt sie gar nicht mehr so Prinzessinnenhaft. Und was ist es, was da in ihrer Iris blitzt? Ist es… Wahnsinn?
Du hebst beide Hände. „Prinzessin“, beginnst du, doch sie lässt dich nicht ausreden.
„Du Narr“, sagt sie mit einem Lächeln. „Du bist genauso schwach wie die Ritter vor dir. Sie alle, so naiv… so ehrenvoll. Leichte Opfer seid ihr allesamt.“
Sie schüttelt ihr blondes Haar und dann lacht sie. Heiliger Bimbam… diese Frau ist ja völlig gaga!
„Aber...“, beginnst du. Alle deine Sinne arbeiten auf Hochtouren. Diese Frau ist gefährlich. „Der Drache… die Queste.“
„Der Drache, pah“, macht Charity. „Ich selbst habe mich entführt. Den Drachen zwang ich, meinen Befehlen zu gehorchen. Anfangs wollte ich nichts anderes als gerettet werden. Von einem tapferen Helden auf einem weißen Pferd. Mein eigenes kleines Märchen.“ Sie kichert wieder und streicht sich die engelsgleichen Locken zurück. „Doch schnell erkannte ich die Schwäche meiner Ritter. Sir Liam… ach, Sir Liam. Er wollte mich zurückbringen zu meinem Vater. Und Sir Angel… er verweigerte mir den Kuss.“ Hass flammt über ihr Gesicht bei dem Gedanken. „Sir John und Sir Heath… ihr Herz gehörte bereits jemand anderem. Wie können sie es wagen! Niemand kommt mir an Anmut und Schönheit gleich! Niemand ist würdiger und unschuldiger als ich!“ Deine Augen flitzen durch den Raum. Der Vorhang. Vielleicht kannst du sie mit dem Vorhang fesseln?
„Wer mich nicht liebt, den werde ich zwingen“, erklärt Charity dir ernst. „Ich werde die ganze Welt zwingen, mich zu lieben. Mich, Charity, die Königin des Landes.“
Sie bricht in hysterisches Gekicher aus. Deine Hand greift in den Stoff des Vorhangs. Die andere greift nach ihrem Arm. Mit einen Ruck reißt du sie heran. Der Vorhang schlingt sich um sie und du zerrst ihn fest, so fest du kannst.
„Aaarghh!“ Die Prinzessin schreit vor Wut. Und da ist er: Der Wahnsinn. Er flackert über ihre Iris wie Feuer über Öl.
„Betrüger!“, brüllt sie und Speicher spritzt ihr aus dem Mund. „Elender Betrüger! Alec! Alec, mein Drache! Töte diesen widerlichen Helden! Verbrenne dieses Otterngezücht und räche mich! Räche mich!!“ Sie sieht aus wie ein tollwütiges Wiesel, völlig verrückt. Sie windet sich und reißt an den Vorhängen, doch diese halten. Ein Knurren ertönt. Rauch erfüllt die Kammer. Du schaffst es, dein Schwert zu zücken und hältst es hoch. Flammen züngeln über den Boden und setzen den Teppich in Brand. Ein Tappsen. Eine riesige Pfote, die sich ins Licht schiebt. Ein Grollen wie aus einer unterirdischen Höhle. Ein gigantischer Echsenschädel schiebt sich aus dem Rauch. Eine gespaltene Zunge flattert.
„Zurück!“, brüllst du das Tier an. „Zurück!“
„Töte!“, schreit Charity. Sabber tropft ihr das Kinn hinunter. „Töte, Alec!“
Der Drache verharrt. Er sieht seine Herrin gefangen in dem Vorhang. Vielleicht ist das deine Chance. Du richtest das Schwert auf die Prinzessin. Und der Drache weicht einen Schritt zurück.
„Ab mit dir!“, brüllst du den Drachen an. „Na, los, kusch dich! Oder ich töte die Prinzessin!“
„Du lüüüügst“, brüllt Charity. „Du lüüüügst, töte diese Schabe, Alec!“
Natürlich lügst du. Aber hier geht es darum, dem Drachen, der ganz offensichtlich unter Stockholm-Syndrom leidet, von etwas anderem zu überzeugen. Jetzt erst siehst du, dass er eine eiserne Kette um ein Fußgelenk trägt. Noch ein Gefangener der Prinzessin.
„Willst du es drauf ankommen lassen?“, schnauzt du ihn an. „Ab auf deinen Platz! Na, los! Kusch!“
Der Drache zögert. Er sieht die schreiende Prinzessin. Er sieht das blanke Metall. Und endlich, endlich neigt er das Haupt. Du machst dir einen Knoten, diesem Drachen einen guten Therapieplatz zu suchen, sobald das Abenteuer überstanden ist. Mit einem drohenden Blick auf das Tier fesselst du Prinzessin Charity mit der Vorhangkordel und knebelst sie, damit sie aufhört, herumzuschreien. Als du Anstalten machst, mit Prinzessin Charity den Raum zu verlassen, wird er unruhig und reißt an der Kette.
„Hey“, warnst du ihn. „Ich kann dich nicht mitnehmen, das ist zu gefährlich. Aber ich verspreche dir, ich schicke jemanden, der sich um dich kümmert.“
Der Drache zerrt an der Kette. Jetzt winselt er.
„Es geht nicht“, wiederholst du. „Ich kann dir leider nicht vertrauen. Tut mir Leid, Drache. Aber du musst hier bleiben.“
Der Drache schnieft. Doch als du den Raum verlässt, hörst du, wie er leise anfängt zu heulen. Du bist schon drei Stufen hinuntergegangen und hältst inne. Oh, for fuck‘s sake… Grimmig drehst du um: Du nimmst die Prinzessin am Arm und zerrst sie mit dir. Der Drache blickt auf, als du den Raum, betrittst und sieht dich mit großen Augen an.
„Fein“, sagst du zu ihm. „ich mach dich los und lass dich frei… WENN du… hör auf zu hüpfen, ich bin noch nicht fertig… WENN du mir versprichst, dass du dich benimmst, niemanden frisst und auf nichts hörst, was diese Prinzessin zu dir sagt, okay? Verstanden?“
Der Drache nickt heftig.
„Hab ich dein Wort?“
Wieder ein heftiges Nicken. Mit strengen Blick löst du die Kette an der Wand. Mann, dieser Drache ist wirklich leicht beeinflussbar. Als du ihn losmachst, springt dich fast um, pustet dir eine Fuhr Rauch ins Gesicht und du tätschelst ihm den Kopf.
„Jaja, ich liebe dich auch.. und jetzt ab mit dir.“
Freudig hüpft die riesige Echse etwas plump zum Fenster, klettert auf den Sims und breitet die Flügel aus. Du siehst ihr nach, wie sie sich in den Nachthimmel erhebt zwei Loopings fliegt und davonschwirrt. Wow, das ist ein glücklicher Drache da draußen. Prinzessin Charity nimmst du einen Schlüssel vom Hals und wischst den Sabber ab. Damit marschiert ihr gemeinsam den Turm herunter und in die Kerker. Oh, da sind sie. All die Ritter, die ihr zum Opfer fielen. Gefangen in Käfigen, ungewaschen, verfilzte Haare und Bärte. Die Ritter sind wirklich nicht im besten Zustand. Du sammelst sie alle ein, findest ein paar Lumpen, die jetzt als Kleider herhalten müssen und dann machst du dich mit dem Gespann auf den Weg.
Es ist ein weiter Weg durchs Land des Feuers und die Ritter allesamt am Ende ihrer Kräfte. Du läufst die halbe Nacht und machst dann ein Feuer mit dem wenigen Holz, das du sammeln konntest. Am nächsten Morgen scheuchst du alle auf und marschierst bis an den Waldrand, wo du einen kleinen Fluss findest. Du zwingst alle, sich zu waschen, auch Sir Angel, der erst nicht will und schickst dann Sir Heath, der die wenigste Zeit im Keller verbracht hat, vorweg, um Hilfe zu holen. Am Ende des Tages hat erreicht ihr das Innere des Waldes, campt an einem Fluss und da stößt auch schon Sir Heath zu euch, der ein Dorf aufgetrieben hat und von dort Kleider und Nahrung bringt. Du fütterst deine Truppe (auch die Prinzessin), kleidest die Ritter ein und schneidest ihnen die verfilzten Haare ab (nur Sir Angel will wieder nicht, aber der kann dich jetzt mal. Soll er halt rumlaufen wie ein Penner). Du betrachtest die Truppe der zerschlagenen Ritter und haderst mit dir. Sollst du sie wirklich zurücksenden an den Hof von König Ace? Sie sehen allesamt so aus, als könnten sie eine Weile Urlaub vertragen. Vielleicht solltest du dich um sie kümmern, bevor die Prinzessin nach Hause bringst. Oder hast du vielleicht noch einen anderen Auftrag? Einen wichtigeren?
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Nope, du hast deine Pflicht erfüllt. Kümmere dich um die Ritter und suche ihnen allen ein gutes zu Hause. Oder einen Therapieplatz. Was auch immer sie gerade brauchen.
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Nein, Charity war nicht die einzige Dame, die deine Hilfe braucht. Folge diesem Button, falls sich Evelyn für dich geopfert hat (nicht, wenn du sie abgegeben hast!!) und du dir selbst ein Versprechen gegeben hast, sie zurückzuholen. Wenn nicht, oder wenn du Evelyn ihrem Schicksal überlassen möchtest, dann geh die Ritter versorgen.
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